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Konfliktdimensionen im Natursport

Outdoor- und Natursportarten nutzen die Natur und Landschaft und sind oft auf spezifische geografische Formationen und Infrastrukturen angewiesen: ohne Fels kein Klettern, ohne Wege kein Wandern und Radfahren, ohne Gewässer kein Wassersport. Gerade in Ländern und Regionen mit einer hohen Einwohnerdichte kann es durch hohe Nutzungsvolumen zu Konflikten mit anderen Anspruchsgruppen kommen.

Um in Konflikt stehende Anspruchsgruppen in einen Lösungsprozess führen zu können, ist es essenziell, die zugrunde liegenden Konfliktdimensionen zu kennen und diese damit adressierbar zu machen. Zum vereinfachenden Verständnis können hierfür drei Nutzergruppen mit vorwiegend sozialen, ökologischen und ökonomischen Ansprüchen unterschieden werden:


  • Nutzergruppen mit vorwiegend sozialen Ansprüchen
    Menschen, die sich vor allem zur Erholung, für Naturgenuss und Freizeitaktivitäten in Naturräumen aufhalten

  • Nutzergruppen mit vorwiegend ökologischen Ansprüchen
    Naturliebhaber:innen und Akteur:innen aus dem institutionellen und ehrenamtlichen Naturschutz

  • Nutzergruppen mit vorwiegend ökonomischen Ansprüchen
    beispielsweise Landeigentümer:innen, Forstwirt:innen, Fischerei- und Jagdbetriebe

Diese Vereinfachungen helfen, die nachfolgenden Konfliktdimensionen zu beschreiben. Jede der genannten Anspruchsgruppen trägt jedoch immer auch die anderen Ansprüche mit sich (beispielsweise Natursportler:innen den ökologischen Anspruch und Naturschützer:innen einen sozialen Anspruch etc.).

Sozial–ökologische Konfliktdimension

Konflikte zwischen sozialen und ökologischen Ansprüchen treten auf, wenn die freizeitliche Nutzung zu potenziellen oder tatsächlichen Störungen natürlicher Lebensräume führt. Das Konfliktpotenzial erhöht sich, wenn nachweislich besonders schutzwürdige Arten und Landschaften von der Nutzung beeinträchtigt sind. In der Entwicklung der Natursportarten wurden neue Nutzungsformen oft besonders kritisch bezüglich ihrer Störwirkung seitens ökologischer Anspruchsgruppen betrachtet. Felsklettern, Wind- und Kitesurfen sowie Mountainbiken sind Beispiele der jüngeren Vergangenheit. Dabei werden aus dem öffentlich dargelegten Bild der Aktivität oft Folgen und Belastungen für Naturräume und Schutzgebiete abgeleitet, ohne tiefergehende Kenntnisse der tatsächlichen Nutzungspraxis und ihrer Auswirkungen zu haben.

Wenn Nutzungsansprüche als unvereinbar wahrgenommen werden, ergibt sich das Konfliktpotenzial aus der Flächenkonkurrenz um einen definierten Raum. Wird die Häufigkeit oder die Geschwindigkeit der freizeitlichen Aktivität als Störfaktor wahrgenommen, handelt es sich um einen Konflikt aufgrund der Nutzungsfrequenz. Die Strategie einer Wachstumsbegrenzung bezieht sich auf das Verhindern einer weiteren räumlichen Ausdehnung einer bereits existierenden freizeitlichen Nutzung.

Sozial–ökonomische Konfliktdimension

Konfliktpotenziale zwischen Nutzergruppen mit sozialen und Nutzergruppen mit vorwiegend ökonomischen Ansprüchen entstehen meist, wenn die freizeitliche Nutzung die wirtschaftliche Nutzung eines Schutzgebietes beeinträchtigt. Die Beunruhigung von Wild
durch Freizeitnutzung wird seitens der Forst- und Jagdwirtschaft oft als Störfaktor angegeben. Ebenfalls verursacht die Ausweisung von temporären Sperrungen aufgrund von Waldarbeiten zusätzlichen Aufwand und Frustration bei Nichteinhaltung. Bei relativ jungen Aktivitätsformen wie dem Mountainbiken können Unsicherheiten bei haftungsrechtlichen Fragen und Verkehrswegesicherungspflichten zu vermehrten Vorbehalten gegenüber der freizeitlichen Nutzung führen, da existierende Lösungskonzepte nicht ausreichend bekannt sind.
Seitens der Erholungsuchenden werden Beeinträchtigungen und Zugangsbeschränkungen des Naturraumes durch wirtschaftliche Maßnahmen als Störfaktor wahrgenommen.

Ökonomisch–ökologische Konfliktdimension

Nutzergruppen mit vorwiegend ökonomischen Ansprüchen wie Forstbetriebe, Landeigentümer:innen sowie Jagd- und Fischereibetriebe bewerten Naturräume vorwiegend anhand ihres wirtschaftlichen Potenzials. Eine ausschließlich profitorientierte Nutzung von Naturräumen widerspricht in der Regel den Zielen des Naturschutzes und führt langfristig zu einem Verlust ihrer ökologischen Bedeutung und damit zu einem Verlust biologischer Vielfalt. Die Vereinbarkeit ökologischer und ökonomischer Ansprüche an einen Naturraum ist von komplexen und dynamischen Sachverhalten abhängig. Der Klimawandel, die Einstellung der Gesellschaft zum Wald, Preis und Nachfrage des Rohstoffes Holz, Besitzverhältnisse sowie die politischen und verwaltungstechnischen Strukturen seien hier beispielhaft genannt.

Sozial–soziale Konfliktdimension

Auch zwischen Nutzergruppen mit unterschiedlichen sozialen Ansprüchen kann es zu Konflikten kommen. Innerhalb der Gruppe der Erholungsuchenden geschieht dies meist zwischen verschiedenen Aktivitätsformen (beispielsweise zwischen Spaziergänger:innen
mit Hunden und Naturbeobachtenden; Radfahrenden und Fußgänger:innen). Unterschiedliche Bewegungsgeschwindigkeiten können hierfür eine Ursache sein. Ebenso stoßen neue Aktivitätsformen bei Nutzergruppen etablierter Aktivitätsformen auf Vorbehalte und Ablehnung. Radfahrende auf Waldwegen können bei Zufußgehenden Verunsicherung und Ablehnung auslösen; ebenso Radfahrende mit elektronischer Trethilfe (E-Bikes) bei traditionellen Radfahrenden.

Weiterführende Informationen

Eine ausführlichere Betrachtung von waldbezogenen Konflikten – und entsprechenden Lösungsansätzen – bietet die Informationsbroschüre „Der Streit um den Wald. Umgang mit waldbezogenen Konflikten“ der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg.

Eine umfangreiche Betrachtung des Themenfeldes Mountainbiken und Umwelt, inklusive einer Darstellung von Konfliktpotenzialen finde sich auf dem BfN Informationsportal www.natursport.info.